Boekverslag : Wolfgang Borchert - Draussen Vor Der Tur
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Ein Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will.



Titel

Draussen vor der Tür



Autor

Wolfgang Borchert



Erscheinungsjahr

1946



Das Buch spielt im Deutschland im Kriegsjahren.



BIOGRAPHIE

Wolfgang Borchert wurde am 20. Mai 1921 in Hamburg gebo ren. Sein Vater, Fritz Borchert, war Lehrer, seine Mutter, Hertha Borchert, eine in Norddeutschland schon damals recht bekannte Schriftstellerin.



Im Alter von 15 Jahren beginnt er erste Gedichte zu schreiben, die der Hamburger Anzeiger ab 1938 veröffentlicht. Den Wunschberuf des Schauspielers kann er bei seinen strengen Eltern nicht durchsetzen. Gezwungenermaßen tritt er eine Buchhändlerlehre an. Parallel hierzu nimmt er jedoch Schaus pielunterricht. 19-jährig stellt er sich der Schauspiel - Abschlußprüfung, besteht sie, gibt die Buchhändlerlehre auf und schließt sich ab März 1941 der Landesbühne Osthanno ver - einem Wandertheater - an.



Nach viermonatigem Engagement muß er Bühnenbretter ge gen Panzergräben eintauschen: Im Juli 1941 tritt er als Panzer grenadier seinen Wehrdienst in einer Nachrichten - Ersatzab teilung in Weimar - Lützendorf an. Drill und Demütigungen der Militaristen, aber auch Denunziationen und Despotie im faschistischen Staat treiben ihn rasch als erklärten Regimegeg ner in die Oppositionsrolle. Die unmittelbare Nachbarschaft des Konzentrations-lagers Buchenwald trägt ihr übriges hierzu bei. Im November 1941 erhält Borchert seinen Marschbefehl an die Ostfront. Bei Königsberg (Kalinin) besteht er im Dezem ber seinen ersten Einsatz. Zu Beginn des Jahres 1942 erkrankt er (zum erstenmal) an Gelbsucht und erleidet eine Handverlet zung. Überführung in ein Lazarett in Schwabach. Dort wird Borchert im Mai festgenommen und nach dreimonatiger Un tersuchungs - Einzelhaft in Nürnberg vor Gericht gestellt.



Der Antrag lautet auf Tod durch Erschießen wegen des dring enden Verdachts auf Selbstverstümmelung. Nach einem Freis pruch erneute Verhaftung. Diesmal lautet der Vorwurf, Bor chert habe sich "mündlich und schriftlich negativ gegen Staat und Partei geäußert, des weiteren habe er sich der "Zerset zung der Wehrkraft schuldig gemacht. Bemerkungen, wie: "Meine Kameraden, die vor vierzehn Tagen herausgekommen sind, sind alle gefallen. Für nichts und wieder nichts. Ich emp finde die Kasernen als Zwingburgen des Dritten Reiches. Ich fühle mich selbst als wesenlosen Kuli der braunen Soldates ka. bringen ihm vier Monate Gefängnis, anschließend sechs Wochen verschärfte Haft mit nachfolgender Frontbewährung ein.



Als Waffenloser nimmt er ab Dezember 1942 in den Kämpfen um Tropez Melder-Aufgaben war. Fußerfrierungen und erneu te Gelbsuchtanfälle zwingen ihn im Januar 1943 ins Seuchen lazarett Smolensk. Nach zwei Monaten ist er transportfähig und kann heimatnahe auf deutschem Boden weiterbehandelt werden.



Einen Heimaturlaub im September nutzt er für kabarettistische Auftritte im Hamburger Bronzekeller. Kurzzeitig kehrt er in seine Garnison nach Jena zurück und verrichtet seinen Wehrdienst in einer Durchgangskompanie Kassel - Wilhelmshöhe.



Wegen nachhaltiger Dienstunfähigkeit beabsichtigen seine Vorgesetzten, Borchert aus dem aktiven Kriegsdienst zu ent lassen und ihn zur moralischen Unterstützung der kämpfenden Truppe im Fronttheater einzusetzen.



Er feiert seine Entlassung in der Hindenburg - Kaserne mit dem Vortrag einer Goebbels - Parodie. Dieses bleibt (erwartungsgemäß!?) jedoch nicht ohne Folgen. Einen Tag vor seiner Entlassung hat die allgegenwärtige Denunziation wie der einmal zugeschlagen. Grund: Seine politischen Witze. 1944 sitzt Wolfgang Borchert fast neun Monate ohne Verur teilung im Gefängnis Berlin - Moabit. Seine Entlassung im September verbindet das Gericht in seinem Urteil mit der Auf lage "Feindbewährung . Die Zeit bis zu diesem Einsatz ver bringt er in Jena.



1945 gerät er bei Frankfurt am Main in die Hände französi scher Einheiten. Während des Transportes in die Kriegsge fangenschaft nach Frankreich gelingt ihm die Flucht. In einem



600 km - Marsch entlang der Frontlinie wandert er in Richt ung Norden und kommt am 10. Mai schwerkrank in Hamburg an.



Ab September 1945 tritt er wieder in einem Kabarett auf, im "Janmaaten im Hafen , und wird Mitbegründer des Theaters "Die Komödie . Nebenbei arbeitet er im November als Re gieassistent für eine Inszenierung von "Nathan der Weise am Hamburger Schauspielhaus.



Im Dezember verschlimmert sich sein Krankheitszustand akut. Von Jahresbeginn 1946 an bis Ostern hält der inzwischen unheilbar kranke Borchert sich im Krankenhaus auf und ent faltet dort hektische schriftstellerische Aktivitäten. In rascher Folge entstehen fünf Erzählungen und Prosaskizzen, darunter auch "Die Hundeblume , eine psychologische Studie aus dem Zellenalltag.



Neben der Aufarbeitung seiner Erfahrungen während der Haft sind auch die Situation des Heimkehrers, dessen Sichtweise in der Szenerie der Trümmerlandschaft und die "Stunde Null" wichtige Themen für Borchert. In Form von Kurzgeschichten und knappen Porträts bis hin zur szenischen Darstellung im Stück "Draußen vor der Tür" bearbeitet er diesen Problem kreis.



Ab Ostern ist Borchert wieder zu Hause. Es bleibt ihm laut Aussage der Ärzte nur noch ein Jahr zu leben. Bis Ende 1946 sind insgesamt 24 Prosastücke entstanden, außerdem erscheint eine Sammlung von Gedichten aus den Jahren 1940-1945 mit dem Titel "Laternen, Nacht und Sterne".



Im Herbst (oder frühen Winter) 1946 entsteht "Draußen vor der Tür". Schon nach kurzer Zeit, am 13. Februar 1947, wird das Werk in einer Hörspielfassung des Norddeutschen Rund funks Hamburg gesendet. Das Stück entstand in nur ca. 7 Ta gen.



Borcherts Untertitel zu dem Drama "Ein Stück, das kein Thea ter spielen und kein Publikum sehen will" entsprach bei wei tem nicht der Realität, denn die Resonanz nach der Übertra gung war überwältigend.



"Draußen vor der Tür" und die meisten seiner weiteren Werke handeln vom Elend der Hungernden und der Kriegskrüppel, von Heimkehrern und Heimatlosen.



Am 22. September 1947 bricht Wolfgang Borchert zu einem längeren Kuraufenthalt nach Basel auf, den seine Freunde ihm ermöglicht haben. Im Oktober verfaßt er hier sein berühmtes Manifest "Dann gibt es nur eins!", ein Appell gegen Krieg, Rüstung und für das Leben.



Am 20. November 1947 stirbt Wolfgang Borchert im Alter von 26 Jahren in Basel. Einen Tag nach seinem Tod wird das Drama "Draußen vor der Tür" in den Hamburger Kammerspie len uraufgeführt.



Quelle: Eigene zusammenfügung von: - P. Rühmkorf: Wolfgang Bochert (1961) - H. Gumtau: Wolfgang Bochert (1969)



INHALT

2.1 Vorbemerkung

Das Buch "Draußen vor der Tür" beginnt mit einer Vorbemer kung "Ein Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will". Wolfgang Borchert hielt an dieser Vorbemerkung fest, obwohl das Bühnenstück auf fast allen Bühnen Deuts chlands aufgeführt wurde. Er begründete diese Widersprüchlichkeit einer Baseler Presseagentur so: "Daß eine Reihe von Bühnen mein Stück aufführt ist reine Verlegenheit - was sollen sie sonst tun? (Außerdem will es kein Intendant mit Vater Rowohlt verderben - das ist alles). Denn mein Stück ist nur Plakat, morgen sieht es keiner mehr an." Mit dem ursprünglichen Titel "Ein Mann kommt nach Hause leitet Wolfgang Borchert die Vorrede ein und verwendet den ursprünglichen Titel in der Mitte der Vorrede noch einmal. Mit dem letzten Satz in der Vorrede "Das ist ihr Deutschland" unterstreicht Borchert den ursprünglichen Titel, daß es ihm nicht um ein "allgemeinmenschliches" Thema sondern um die "Situation in Deutschland geht".



Für Borchert war das Wort "Deutschland" ein mit zwiespälti gen Gefühlen behafteter Begriff. "So lange an Deutschlands Grenzen Paraden marschieren und nationale Sicherheit gefor dert werden" wollte er nicht über das Militär und den Natio nalsozialismus diskutieren und "So lange die Zigarettenstum mel fremder Militärmächte auf der Straße liegen" wollte er nicht über Demokratie und persönliche Freiheit sprechen. Die Vorrede Borcherts kündigt einen Mann an, der sich innerlich und äußerlich verändert und eine vollkommene veränderte Heimat wiederfindet.



2.2 "Vorspiel" und "Der Traum"

Das Buch von Borchert fängt nicht mit der ersten Szene an, sondern Borchert läßt sein Stück mit einem "Vorspiel" und einem Traum beginnen. "Draußen vor der Tür" ist ein Statio nendrama. "Im Stationendrama ist der Held, dessen Entwic klung es schildert, von Gestalten, die er an den Stationen sei nes Weges antrifft, aufs deutlichste abgehoben. Sie erschei nen, indem sie nur in seinem Zusammentreffen mit ihnen auf treten, in seiner Perspektive und so auf ihn bezogen. Und da den Grund des Stationendramas nicht eine Vielzahl von einan der weitgehend gleichgestellten Personen, sondern das eine zentrale Ich bildet, sein Raum also kein a priori dialogischer ist, verliert auch der Monolog hier den Ausnahmecharakter, den er im Drama notwendig besitzt. Damit ist aber die unbe grenzte Eröffnung seines "verborgenen Seelenlebens" allererst formal begründet. In der Konsequenz der subjektiven Drama tik liegt ferner, daß die Einheit der Handlung durch die Ein heit des Ich ersetzt wird. Dem trägt die Stationentechnik Rech nung, indem sie das Handlungskontinuum in eine Szenenfolge auflöst. Die einzelnen Szenen stehen hier in keinem kausalen Bezug, bringen einander nicht, wie im Drama, selber hervor. Vielmehr erscheinen sie als isolierte Steine, aufgereiht am Faden des fortschreitenden Ich. [...] Die dramatische Szene schöpft ihre Dynamik aus der zwischenmenschlichen Dialek tik, sie wird vorwärtsgetrieben dank dem futuristischen Mo ment das dieser innewohnt. In der Szene des Stationendramas hingegen entsteht keine Wechselbeziehung, der Held trifft zwar auf Menschen, aber sie bleiben ihm fremd. Damit wird die Möglichkeit des Dialoges selbst in Frage gestellt [...]." [1]



Der Zusammenhang des Stationendramas "Draußen vor der Tür" wird nur durch die Gestalt Beckmanns gewährleistet. Beckmann selbst ist - bis auf das Vorspiel - , das aus einem Dialog zwischen Gott und Tod als Beerdigungsunternehmer besteht, nicht existent, lediglich sein Selbstmordversuch ist Anlaß zu dieser Diskussion.



Beckmann wird im Vorspiel vielmehr in den Zusammenhang mit der Situation der damaligen Zeit gestellt, verdeutlicht am Beispiel, daß der einzelne Mensch nichts zähle "Ein Mensch stirbt. Und? Nichts weiter.", oder "Wie die Fliegen kleben die Toten an den Wänden dieses Jahrhunderts" eine Anspielung auf die beiden Weltkriege, die Millionen von Todesopfern forderten. Im "Der Traum" ändert sich, nach den Regieanweis ungen die Stimmung von einer eher bedrohlichen in eine eher friedliche. Statt bisher: "Der Wind stöhnt. Die Elbe schwappt gegen die Pontons " heißt es später: "In der Elbe. Eintöniges Klatschen kleiner Wellen. Die Elbe.". Auch sprachlich ändert sich die Atmosphäre. Die Elbe - vorher ein dunkler Fluß - wird zu einem gutmütigen und bestimmenden Wesen, denn die Elbe wollte Beckmanns "armseliges bißchen Leben nicht" und akzeptierte so den Tod nicht. Auch verlangte sie einen individuellen Tod; deshalb waren Beckmanns Gründe nicht ausreichend. "Die Hose sollte man dir strammziehen, Kleiner, jawohl! Auch wenn du sechs Jahre Soldat warst. Alle waren das. Und die hinken alle irgendwo."



2.3 1. Szene

Die erste Szene ist eine konkrete, realistische Wiederholung des "Traumes" und "Vorspiels", welche von der Identifikation des Helden mit Soldatentum, Stalingrad, Verwundung und Selbstmordversuch handelt. Der Dialog in der ersten Szene zwischen Beckmann und dem Anderen zeigt ,daß Beckmann eine negative und der Andere eine eher positive Orientierung besitzt. Der Andere, der "Jasager" gilt als der "Antreibende, der Heimliche, Unbequeme" und "Ich bin Optimist, der an den Bösen das Gute sieht und die Lampen in der Finsternis". Beckmann dagegen der "Neinsager" versucht, mit dem "Nein" dem Tod zu entsprechen; sein Gegenspieler "Der Andere" mit seinem "Ja" hingegen, dem "Weitermachen".



Am Ende der Szene scheint Beckmanns Leiden vorüber zu sein, denn Beckmann, dem Kriegskrüppel, bietet ein Mädchen jetzt ein neues Zuhause. Dieses Angebot entstand gerade weil er "so häßlich und bescheiden" ist und eine "so hoffnungslose, traurige Stimme" hat. "Such dir ein anderes Bett, wenn deins besetzt ist, hatte die Elbe gesagt. Die Möglichkeit war Beck mann hier geboten. Doch nicht nur die Enttäuschung, die ihm seine Frau zugefügt hatte, war Grund für den Selbstmordver such, sondern auch: "Das Bein, das Bett, Das Brot" und die Trümmer - das tote Kind.



2.4 2. Szene

Die erste und die zweite Szene sind durch die Begegnungen mit dem Anderen, der am Anfang der ersten Szene und am Ende der zweiten Szene auftritt, als Rahmen angelegt. Mit Beginn der zweiten scheint für Beckmann ein Weg aus der aussichtslosen Situation gefunden zu sein, denn das Mädchen "fröhlich, nicht hart" und "herzlich" kümmert sich um Beck mann wie eine Mutter. Sie nimmt ihn mit "legt" ihn "trocken".



Als das Mädchen Beckmanns Gasmaskenbrille abnimmt löscht sie zugleich seine Soldatenexistenz aus. Mit diesem Verlust der Existenz und ohne Aussicht auf eine neue sieht Beckmann "alles nur noch ganz verschwommen" und sieht fast "nichts mehr", selbst das Mädchen, welches vorher ganz nah war ist "mit einmal ganz weit weg. Der Kommentar Beck manns "Vielleicht bin ich ein auch ein Gespenst. Eins von gestern, das heute keiner mehr sehen will." zeigt die Weige rung Beckmanns mit dem Ablegen der alten Sachen die Ver gangenheit auszulöschen. Nachdem Beckmann von dem Mädchen eingekleidet wurde, sieht er sich auf einmal als schuldig Unschuldiger, denn er sitzt in den Kleidern eines anderen neben dessen Frau. Einen Tag zuvor war Beckmann in der gleichen Situation, nur am Vortag war er das Opfer. Dieser Andere - Traum, Vision, Realität werden ununterscheidbar - tritt geisterhaft auf, einbeinig, auf Krücken. Beckmann erkennt die Ähnlichkeit der Situation "Das habe ich gestern nacht auch den Mann gefragt, der bei meiner Frau war." Dieser verließ das Zimmer aber der Einbeinige blieb. Während die Ursache für Beckmanns Unglück nicht faßbar war, kennt der Einbeinige einen Schuldigen, den er mit dem Namen zu nennen wußte. Diesen Namen sprach er "leise, aber mit ungeheurem Vorwurf" aus "Beckmann...,Beckmann...,Beckmann...". Beckmann trägt die Schuld an der Verwundung des Einbeinigen, dem er befohlen hatte "Sie halten Ihren Posten unbedingt bis zuletzt". Um sich nicht als Schuldigen zu bekennen, sagte er: " Das bin ich nicht! Das will ich nicht mehr sein". Um einen Ausweg aus seiner Schuld zu finden, wollte er sich umbringen, aber "Der Andere", der "Jasager", schlug ihm eine Alternative vor. Er soll die Verantwortung zurückbringen zu dem, der sie ihm gegeben hatte: "Ja! Ich bringe ihm die Verantwortung zurück. Ich gebe ihm die Toten zurück. Ihm! Ja, komm, wir wollen einen Mann besuchen, der wohnt in einem warmen Haus, wir wollen ihm etwas schenken - einem lieben, guten, braven Mann, der sein ganzes Leben nur seine Pflicht getan, und immer nur die Pflicht!".



2.5 3. Szene

In der 3. Szene trifft nun Beckmann auf den Oberst, dem er seine Verantwortung, die "Toten", die er auf dem Gewissen hat, zurückgeben will. Seine Gasmaskenbrille spielt wieder einmal eine Rolle: "sag ihm doch, er soll die Brille abnehmen. Mich friert, wenn ich das sehe", "warum werfen sie den Zimt nicht weg? Der Krieg ist aus". Diese Reaktion zeigt wieder einmal, daß die Menschen, - wie die Durchschnittsfamilie in dieser Szene - mit dem Krieg und den Heimkehrern nichts zu tun haben wollen. Auf den Zweck seines Besuches kommt Beckmann erst nach längerem Dialog in einem Zustand des Wachschlafes zu sprechen. "Ganz weit weg", "schlaftrunken, traumhaft" erzählt Beckmann seinen Traum vom General, der blutschwitzend eine Todessymphonie auf einem Knochenxy lophon spielt. Beckmanns Traum, den er selbst als "ganz selt sam" empfindet, bildet eine Anklage gegen den Krieg. "Die in den Krieg hineingetriebenen Menschen dienen mit ihren ab geschlagenen Gliedmaßen als Instrument für das grauenvolle Konzert eines Generals, den das Blut der Erschlagenen fett gemacht hat. Der Krieg mißbraucht den Menschen als Werk zeug einer perversen Ästhetik der Zerstörung, als Spielzeug in einem makaberen, sinnlosen Spiel. Das Horrorszenario des Traumes enthüllt das Grauen des Krieges, dem die realistische Darstellung nicht länger beizukommen vermag. Nicht die Dokumentation grauenvoller Details führt in einer Zeit der totalen Destruktion des Menschlichen zur Erkenntnis der Wahrheit, sondern nur noch die phantastische Inszenierung des Grauens selbst." [2]



Die Kritik am Oberst, die er in seinem Wachschlaf erhob, belastet diesen, aber sie entlastet Beckmann nicht. Der Oberst empfindet für die Vergangenheit nicht einmal Schuld und Verantwortung, wie Beckmann, er findet sie nur noch komisch. "Der Oberst will Beckmann nicht verletzen, aber er ist so gesund und so sehr naiv und alter Soldat, daß er Beck manns Traum nur als Witz begreift" steht als Regieanweisung zu der vorher beschriebenen Situation.



Aber auch der Oberst wendet die gleiche Technik an, um die Vergangenheit zu vergessen. "Schmeißen Sie Ihre zerrissenen Klamotten weg, ziehen Sie sich einen alten Anzug von mir an und dann werden Sie wieder ein Mensch, mein lieber Junge!".



2.6 4. Szene

In der 4. Szene sucht der Direktor eines Kabaretts nach Ju gendlichen, "die zu allen Problemen aktiv Stellung ... nehmen", "einen Geist wie Schiller" und "die den dunklen Seiten des Lebens gefaßt ins Auge ... sehen, unsentimental, objektiv, überlegen.". Beckmann nutzt die Chance beim Di rektor vorzusprechen. Er wählt hierzu einen poetischen Vor trag, der sein durchlittenes Schicksal widerspiegelt. Daß die ses Thema das Publikum nach Ansicht des Direktors nicht sonderlich interessiere, mochte Beckmann nicht recht einse hen, da es doch durch und durch der Wahrheit entspräche : "Mit der Wahrheit hat die Kunst doch nichts zu tun! Wo kämen wir hin, wenn alle Leute plötzlich die Wahrheit sagen wollten! Wer will den heute etwas von der Wahrheit wissen?" weist der Direktor ihn zurück.



Auch er verdrängte die Verantwortung für die Heimkehrer und die Kriegsopfer, er hat "schließlich keinen nach Sibirien ge schickt". Beckmanns voller Verachtung gemeinte Antwort "Nein, keiner hat uns nach Sibirien geschickt. Wir sind alle ganz von alleine gegangen. Und einige sind alleine dageblie ben" ist schließlich die Reaktion auf die Abweisung des Di rektors, der Beckmann im Grunde nur wegen der Befürchtung ablehnt, daß ein Anfänger wie Beckmann seinen wirtschaft lichen Ruin bedeuten könnte.



Am Schluß der Szene steht Beckmann wieder "Draußen vor der Tür"; der "Andere" schaltet sich abermals ein, der Beck mann empfiehlt "Du mußt nach Hause.[...] Da, wo man zuerst hingehen sollte, daran denkt man zuletzt".



1.5.Szene

In der fünften und letzten Szene versucht Borchert den Kern des Themas besonders hervorzuheben, wie das schlichte Bühnenbild zeigt: "Ein Haus. Eine Tür. Beckmann".



Beckmanns Heim existiert nicht mehr, denn ein fremder Name steht an der Tür: "Kramer". Der Name tauchte bereits im Vor spiel auf und verkörperte dort den schon wieder etablierten Normalbürger, den Frau Kramer in dieser Szene darstellt. Wie der Normalbürger kümmert sich Frau Kramer nur um ihre Interessen. Es gilt einzig den Besitzfragen: "Was für ein unser Schild?", "Ihre Wohnung ist das nicht. Die gehört uns.".



Die Nachricht von Kramer vom Selbstmord der Eltern wurde auf "rauhe" Art überbracht. "Die alten Beckmanns konnten nicht mehr, wissen sie. Hatten sich ein bißchen verausgabt im Dritten Reich, das wissen sie doch, Sie, Sohn, Sie. [...] , im mer wenn eine Bombe runterging, hat er einen Fluch auf die Juden losgelassen". Was mit dem "alten" Beckmann "ganz oberfaul" war, wird jedoch nie in dem Drama genau erwähnt. Das Gespräch mit Frau Kramer endet damit, daß die Tür krei schend zuschlägt. Dies geschah schon viermal zuvor. Und jedesmal, mit Ausnahme der zweiten Szene, war dieses Krei schen und Zuschlagen begleitet von einem Beckmann, der schreiend die Konsequenz zog aus dem durch die zuschlagen de Tür beendeten Gespräch: "ich will nicht mehr Beckmann sein!", "Ja was seid ihr denn? Menschen", "Mit der Wahrheit macht man sich nur unbeliebt."



In der fünften Szene sieht sein Abgang ganz anders aus. Beck mann droht Frau Kramer "...Machen Sie ganz schnell ihre Tür zu, sage ich Ihnen! Machen Sie!".



Beckmanns Schrei der Anklage bleibt diesmal aus, die Ankla ge aber nicht: "einen Mord" hätte Beckmann begehen mögen, "diese Traurigen, die um das Gas trauern, ermorden". Die Empörung über dieses herzlose Normalbürgerdenken war berechtigt. Aber Beckmann denkt in seinem Schmerz über den Verlust der Eltern und nicht mehr über die Ursache nach. Er reiht die toten Eltern in die Liste der unschuldigen Opfer des Krieges: "Zwei alte Leute sind in die Gräberkolonie Ohlsdorf abgewandert. Gestern waren es vielleicht zweitausend, vorge stern vielleicht siebzigtausend. Morgen werden es viertausend oder sechs Millionen sein. Abgewandert in die Massengräber der Welt. Wer fragt danach? Keiner.". Daß die Eltern Beck manns nicht nur Opfer waren, erkennt er nicht, sondern nur Frau Kramer: "Das war nun wieder konsequent von Ihrem Alten".



Beckmanns letzter Zufluchtsort existiert nicht mehr und nun steht er wieder "Draußen vor der Tür". Allein auf der Straße erscheint Gott, der mit ihm ein Dialog führt. Das Ergebnis ist das gleiche wie im Vorspiel. Gott "ist der Gott, an den keiner mehr glaubt". Aber ein Vorwurf kommt hinzu: "Du hast es [...] zugelassen". Doch die Rechtfertigung Gottes berührt Beckmann nicht , denn er sieht kein Sinn im Glauben an Gott. Nun erscheint auch der Straßenfeger(Tod) und weist auf einen immer bestehenden Ausweg hin: "Meine Tür steht immer offen", doch der "Andere" plädiert für das Leben. Bevor der Oberst, der Direktor und Frau Kramer auftauchen verurteilt Beckmann die drei als Mörder. Der Vorwurf Beckmanns wie derholt sich in der Begegnung mit den einzelnen Opfern. Auch Beckmanns Frau, die mit ihrem Liebhaber vorübergeht, wird als Mörderin bezeichnet. Spiegelbildlich zum Verlauf des Stückes kommt das Mädchen nun am Schluß dieser Szene an die Reihe und bittet Beckmann "Komm, wir wollen zusam men lebendig sein", aber der Einbeinige erscheint und beschuldigt Beckmann: "Du hast ein Mord begangen, Beck mann". Beckmann ist Opfer und Täter zugleich, jeder ist ein schuldiges Opfer: "wir werden jeden Tag ermordet und jeden Tag begehen wir ein Mord".



Eine Lösung scheint Beckmann nicht zu finden, denn die Fra ge danach stellt er wieder und wieder: "Gibt mir den keiner Antwort? Gibt keiner Antwort? Gibt denn keiner, keiner Ant wort?".



Quellen: - Eigene zusammenfassung (nach 10 seiten notie ren was geschehen ist) - Heinrich Böll, "Die stimme Wolfgang Borcherts", 6. August 1955 - K. Migner, Das Drama "Draussen vor der Tür", 1962 - W. Schulze, "Draussen vor der Tür", 1962



Der Titel bedeutet daß der Hauptperson überal "draussen vor der Tür steht". Er will etwas erreichen, aber kommt nich weiters. Er will durch der Tur gehen, aber er kann es nicht, so ist es in alle die situationen des Hauptpersons.



Der Buchtitel ist also ein Motiv für die verschlossenen Türen und des Draußenstehens, nur das Mädchen nimmt Beckmann mit, aber nicht aus Liebe, sondern aus Mitleid. Borchert will, dass sich der Leser bzw. der Hörer Gedanken über dieses Buch macht, denn schließlich war während der Zeit des 2. Weltkrieges fast jeder mit dem Thema Krieg konfrontiert, und auch heute gehört der Krieg zum Alltag vieler Menschen.



DIE PERSONEN

Hier möchte ich über alle Personen die eine wichtige rolle in das Buch spielen eine kurze beschreibung geben:



Beckmann ist einer von jenen Männern die aus sibirischer Gefangenschaft nach Hause kommen und doch nicht nach Hause kommen, weil für sie kein Zuhause mehr da ist. Ihr Zuhause ist draußen vor der Tür, nachts im Regen, auf der Straße.



Beckmann will sich umbringen, er springt in die Elbe. Doch diese will sein bißchen Leben nicht.



Seine Frau findet er in den Armen eines anderen, zu anderen einer Frau, die ihn aufnimmt, kehrt der Mann zurück.



Der Oberst, dem Beckmann seine Verantwortung für die ge fallenen Kollegen zurückgeben will, lacht ihn aus und ver weist ihn ans Kabarett.



Der Kabarettdirektor nimmt ihn nicht an, weil keiner die Wahrheit hören will. Beckmanns Eltern haben sich umge bracht, weil sie verfolgt wurden.



Selbst Gott, ein alter, weinerlicher Mann, kann ihm nicht hel fen; dieser jammert nur über seine Menschenkinder, die nichts mehr von ihm wissen wollen.



MOTIVE UND SYMBOLE

Da Borchert in der Zeit des Expressionismus gelebt hat, ver wendet er in seinen Werken oft Symbole. Die einzelnen Figu ren in "Draußen vor der Tür" sind Repräsentanten und Symbo le für Gesellschaft dieser Zeit:



Beckmann: Er steht für die Ausgegrenztheit, Hoffnungslosig keit, Ausweglosigkeit und für die Schrecken und Auswirkung en des Krieges. Beckmann symbolisiert aber auch den Einzel nen in extremer Lage. Dem Trümmerfeld außen und innen ausgesetzt, versagt er sich jede Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft.



Am Ende begegnet er noch einmal allen seinen Mördern: dem Oberst, dem Kabarettdirektor, Frau Kramer und dem Tod.



Der Andere: Er ist das lebensbejahende und optimistische Alter-Ego Beckmanns, das ihm in entscheidenden Phasen immer wieder neuen Lebensmut gibt. Doch auch der Andere versagt am Schluss und verschwindet unauffällig.



Die Elbe: Der Fluss vermittelt den Traum des Lebens und zwingt Beckmann im Leben wieder Fuß zu fassen.



Der Beerdigungsunternehmer und der Straßenfeger: Diese zwei Figuren sind ein Symbol für den Tod. Der Beerdigung sunternehmer ist übersättigt und feist, was darauf hindeutet, dass der Tod die Oberhand in diesem Drama innehat.



Gott: Er wird in Form eines weinerlichen und hilflosen Grei ses dargestellt, an den keiner mehr glaubt. Er ist nur noch ein Trauernder am Grabe seiner einstigen Schöpfung. Gott hat in diesem Werk als Vertreter der Erlösung und der Hoffnung kläglich versagt.



Der Oberst: Er steht für die Gefühllosigkeit und Unbarm herzigkeit des Krieges, aber er repräsentiert auch die Verant wortlichen für das menschliche Desaster.



Das Mädchen: Die Begegnung mit dem Mädchen verspricht Beckmann Erfüllung und Liebe. Es ist Vertreterin der Ge sellschaft, die Mitleid mit den vielen Opfern des Krieges zeigt.



Frau Kramer: Sie ist eine weitere Repräsentantin der Gesellschaft, allerdings derjenigen, die nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind.



Die Straße: Sie ist der Ort des Ausgesetztseins und des Todes. Auf ihr bewegen sich der abgedankte Gott sowie auch der Beerdigungsunternehmer und der Straßenfeger. Die Straße als leerer toter Raum führt ins Nichts.



EIGENE INTERPRETATION

Wolfgang Borchert hat mit seinem Drama "Draußen vor der Tür ein Stück geschaffen, das noch heute aktuell ist. Denn noch immer leiden Menschen durch Menschen. "Borcherts Anklage ist durch das "deutsche Wirtschaftswunder nicht überholt. Wenn auch die Lebensumstände sich normalisieren konnten und heute kaum noch einer mit einer Gasmaskenbrille umherläuft, so ist die Kernfrage des Heimkehrers Beckmann nach dem Wandel in uns erschreckend unbeantwortet geblie ben. Haben sie nicht sogar ihre Stellung weiter ausbauen können, die schon damals wieder, allzugut Davongekommen, der Oberst zum Beispiel, der vor "pazifistischer Knochener weichung" warnt und von "Verantwortung" nichts wissen will, wenn damit die Toten des Krieges gemeint sind, die sein Rit terkreuz-Ehrgeiz bereitwillig opferte?"



Nicht nur nach dem zweiten Weltkrieg sind die Führungskräfte gut weggekommen. Gleiches wiederholte sich auch nach Vollendung der "Deutschen Einheit". Schon sehr schnell nach dem Machtverfall des alten DDR - Regimes konnten viele "Wendehälse" ihre alten Privilegien in die "neue Zeit" hinüberretten. Dies taten sie auf Kosten anderer.



Meiner Ansicht nach beschreibt das Drama, das Leben Beck manns bzw. das Leben der Heimkehrer in der Nachkriegszeit besonders gut. Borchert konnte sich meiner Ansicht nach aus gesprochen gut in die Situation hineinversetzen, denn er selbst erfuhr den Krieg und dessen Folgen am eigenen Leib.
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